Mittwoch, 11. November 2015
November schon. Wo ist der Sommer geblieben? Ist vermutlich bereits längst zum Überwintern im Süden angekommen. Oder liegt doch noch in Badesachen am Berzdorfer See. So jedenfalls würde ich es machen. Habe ich auch: Viele traumhafte Sommerseetage und -abende lang, gemeinsam mit David, dessen neueste Errungenschaft (ein kleines Auto, so alt wie ich, nötig für seine neue Arbeit) uns ein völlig neues Gefühl von Freiheit gibt.
Und im Süden war ich auch, genauer gesagt in Barcelona, vor knapp zwei Wochen erst. Kleiner Familienurlaub in der katalanischen Metropole, der mir schon allein durch den kurzen Tapetenwechsel unglaublich gut getan hat. Ergänzt durch das fantastische Essen im ‚familieneigenen‘ Restaurant, das wunderbar sonnige Wetter, dem Meer in der Nähe und der vielen Bewegung, waren es viereinhalb schöne Tage voller neuer Eindrücke. Deshalb an dieser Stelle danke für alles an euch, Papa und Anka!

Städte lassen sich am Besten zu Fuß entdecken und dementsprechend bestanden unsere Tage aus: Laufen, laufen, laufen, sehen, riechen, hören, schmecken und dabei möglichst nicht zu sehr anpassen an das Großstadttempo. Da außer mir alle beteiligten Urlauber schon einmal in Barcelona waren, ich dafür aber, um dies auszugleichen, die Seiten über Barcelona in meinem Costa-Brava-Reiseführer (sämtliche Barcelona-Stadtführer waren in der Bücherei vergriffen, da reist wohl noch wer anderes in den Süden) intensiv studiert hatte, fiel es uns nicht schwer, die Tage auszufüllen.

Tag 1: Von der Innenstadt aus über die ‚Ramblas‘ - alleeartige, links und rechts von Fahrbahnen gesäumte Flaniermeilen, die gemessen an ihrem Bekanntheitsgrad nicht sehr interessant, uns aber vor allem zu überlaufen sind, also schnell abbiegen - zur Boqueria, der großen Markthalle, wo es nichts nicht zu geben scheint. Lebensmittel im Überfluss. Stand neben Stand. Lebensmittel, schön drapiert, arrangiert, präsentiert, farblich sortiert, getürmt, gestapelt.





Dann weiter zum Meer, das mich, Atlantikliebhaberin, nicht wirklich von sich überzeugen kann. Aber schön ist es trotzdem. Nur mein Vorhaben, auf jeden Fall noch schwimmen zu gehen, verläuft in den nächsten Tagen im Sande. Stadtstrände sind nichts für mich. Wohingegen die Wassertemperatur kein relevantes Argument für die Nicht-Umsetzung des Vorhabens war, denn wer mich kennt, der weiß, dass das WG-interne Anbaden und Angrillen am See dieses Jahr schon im Januar stattfand. Außerdem: Schwimmen kann ich immer noch. Mir Barcelona anschauen nicht.

Tag 2: Kirche gucken. Aber nicht irgendeine Kirche, sondern die Sagrada Familia, die der spanische Künstler und Architekt Antoni Gaudí weitestgehend entworfen, deren Fertigstellung er aber nicht mehr miterlebt hat. Dafür hätte er auch noch viele viele Jahre länger leben müssen, denn die Bauarbeiten sind heute immer noch nicht abgeschlossen. Um mir eine unfertige Kirche anzuschauen, muss ich nicht nach Barcelona, das kann ich auch in Köln. Denke ich mir. Rein gehe ich trotzdem. Zum Glück. Kein Vergleich mit dem Kölner Dom, überall Licht! Und man merkt gleich: Gaudí hat in großen Dimensionen gedacht. Jedenfalls verstehe ich nach der Besichtigung, warum er bzw. seine Werke so bekannt sind.



Danach geht’s ins Grüne und zwar in den Park Güell, den Gaudí ebenfalls teilweise mitgestaltet hat. Dort verzichten wir auf den Kulturteil, sparen uns den Eintritt für den zu bezahlenden Gaudí-Teil, und ruhen uns einfach nur aus. Auf dem Rückweg trinken wir Limonade in einem mexikanischen Restaurant und können beobachten, wie davor der Blumenschmuck für den bevorstehenden Feiertag Allerheiligen, der dort ja regelrecht zelebriert wird, entsteht.



Tag 3: Noch mehr Gaudí. Diesmal besichtigen wir ein von ihm gebautes Wohnhaus, die Casa Milà (auch ‚La Pedrera‘, der Steinbruch), mitsamt all seinen untypischen und unkonventionellen Formen. Am schönsten: Die Dachterrasse, die eine Landschaft für sich darstellt.



Weil ich immer noch nicht genug von der Baukunst habe, schaue ich mir danach die Kathedrale an. Ah, das ist schon eher Kölner Dom. Düster und gleichzeitig kunterbunt. Aber man kann auf den Turm rauf und hat einen Rundumblick über die Altstadt. Fun Fact: Im Kreuzganz der Kathedrale lebt eine Gänseherde, die wohl früher die Kirchenschätze bewachen sollte.
Zum Abschluss des Tages gehen mein Schwesterherz und ich zum Hafen, um Kolumbus guten Tag zu sagen.



Tag 4: Ich will auf den Berg! Genauer: Den ca. 200 Meter hohen Montjuïc, der Hausberg der Stadt. Quasi wie die Landeskrone in Görlitz. Vom Hafen aus fährt eine Seilbahn hoch, aber da ich auf dem Weg nach oben noch die letzten Dinge meiner ‚To see‘-Liste abhaken möchte, gehen wir zu Fuß. Abgehakt wird:

Palau Nacional, erbaut zur Weltausstellung 1929. Beherbergt heute ein Kunstmuseum, wo sogar der Eintritt frei ist, was mein Stadtführer aber nicht wusste. Schade, denn mein Zeitplan ist streng getaktet, also muss es weitergehen.



Poble Espanyol, das spanische Dorf. Wurde ebenfalls zur Weltausstellung gebaut und zeigt nachgebaute Häuser aus verschiedenen spanischen Regionen. Die Schlange an der Kasse ist lang und voll mit Geistern, Monstern und Hexen. Das ist für uns nichts Besonderes mehr, da schon seit gestern solche Gestalten die Mehrheit der Passanten ausmachen - wie schon erwähnt, hier wird Halloween bzw. Allerheiligen konsequent zelebriert. Was wir allerdings nicht wussten ist, dass heute im Poble Espanyol für kostümierte Familien der Eintritt reduziert und auf dem zentralen Dorfplatz ein Kinderfest in vollem Gange ist. Das Ganze hat also mehr Phantasialand-Charakter, aber wenn man das Kindergeschrei und die Hüpfburg ausblendet, sich vom Dorfplatz fernhält und so tut als würde man die Zombies in der Kapelle nicht sehen, ist das Ergebnis eine beinah authentische Spanienrundreise.



Das Olympiastadion. Erbaut zur Olympiade 1992. Erleichtert stelle ich fest, dass ich mich im Gegensatz zu einem gleichaltrigen Sportstadion erstaunlich gut gehalten habe.



Castell de Montjuïc, die Festung oben auf dem Berg, in der sich heute das Militärmuseum befindet. Keine hübsche mitteraltliche Burg, sondern eine rein pragmatische Wehranlage, um die herum allerdings ein schöner Weg an der steil zum Meer abfallenden Klippe entlang führt. Also einmal rum um das Castell und uns dabei die Sonne ins Gesicht scheinen und den Wind um die Nase wehen lassen. Dann beginnen wir wieder mit dem Abstieg, denn gleich sind wir in einem Restaurant auf halber Höhe des Bergs mit den anderen zum Paella-Essen verabretet. Sechs Leute, ein Tisch, darauf eine gewaltige Paellapfanne mit Meeresfrüchten. Was für ein Genuss!
Nach dem Essen in der Abenddämmerung zu Fuß zurück durch die Stadt. Ein letztes Mal Barcelona bei Nacht. Zeit, sich zu verabschieden und dankbar zurückzublicken auf vier intensive und eindrucksvolle Tage. Tschüss, Barcelona. Wieder komme ich bestimmt.




Na, wer hat sie entdeckt, die zwei Wörter am Anfang, die jetzt wieder eine Rolle spielen? Nummer eins: Ja, ich studiere noch. Mit Dingen abzuschließen ist nicht gerade meine Stärke und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass meine Bachelorarbeit immer noch nicht fertig ist und auf meiner Prioritätenliste auch nicht unbedingt ganz oben steht, obwohl sie es sollte. Viele meiner Mitstudentinnen wohnen schon lange nicht mehr in Görlitz, dazu zählt leider auch Martina, nach deren Auszug aus der WG unter uns einfach nichts mehr so ist wie früher. Drei Jahre, die unglaublich schnell vergangen sind und unglaublich schön waren.
Die nächste, die auszieht, bin dann wohl ich. Zwar nicht weg aus Görlitz, aber weg aus dem Wohnheim, weg aus der kleinsten WG und weg von der allerbesten Mitbewohnerin. Hach ja, bald wird alles anders. In gut zwei Wochen steht der Umzug an und bis dahin ist noch viel zu tun, denn die Wohnung, in die David und ich ziehen, ist zwar toll und sehr groß, aber leider noch nicht ganz fertig. Für einen Tapetenwechsel muss ich also gar nicht bis nach Barcelona, da reicht auch unsere Baustelle. Hier schon mal ein Vorher-Nachher Vergleich als Kostprobe, weitere Fotos von weiteren Fortschritten folgen. Fest steht jedenfalls, dass ich noch nie so oft im Baumarkt war wie in den letzten vier Wochen.





Nun denn, ich kümmere mich weiter um meine diversen Baustellen, und ihr vergesst bitte nicht Alaaf und so. Bis demnächst.