Hallo zusammen,
vor euch sitzt nun die offizielle Putzfrau-Vertretung. Ja, wie kam es denn dazu? Nachdem Eysteinn letzte Woche erfahren hat, dass die Putzfrau vorerst gekündigt hat, und es im Moment niemand anderen gibt, der den Job machen will, hat er kurzerhand mich den zuständigen Leuten vorgeschlagen, natürlich erst nach Absprache mit mir. Ich dachte mir: Warum nicht? So habe ich vormittags etwas Sinnvolles zu tun, genauso wie alle anderen Leute im Ort, und gleichzeitig verdiene ich mehr Geld. Also sind Eysteinn und ich heute morgen um halb elf während noch der Mond und die Sterne am Himmel standen nach Hellissandur ins Rathaus gefahren, wo ich alles mit der zuständigen Frau besprochen habe. Die Putzfrau ist schwanger und ich mache also ab jetzt bis auf Weiteres ihren Job. Es ist ein Putzservice für ältere Leute, damit sie länger zu Hause und nicht im Altersheim wohnen können. Meine Gastfamilie hat wegen Sóley auch Anspruch darauf. Ich übernehme allerdings nur die Häuser in Ólafsvík, sieben an der Zahl, davon zwei, die nur jede zweite Woche gemacht werden müssen. Ich denke, das krieg ich hin, morgen geht’s los, ich halte euch auf dem Laufenden.
Ansonsten gibt es gar nicht so viel Neues zu berichten. War es eine entspannte Woche ohne besondere Vorkommnisse? Anscheinend, auch mal schön. Hier ist es immer noch tiefster Winter, am Samstag gab es nochmal ordentlich Neuschnee und es ist zwar kalt, aber nicht windig, also schönes Wetter.
Dieses Wochenende hab ich mich um Sóley gekümmert, wodurch ich wieder mal den Deutschen-Treff verpasst habe, der am Samstag gewesen wäre. Grummel. Bis jetzt hab ich es noch kein einziges Mal geschafft, zu dem monatlichen Kaffee-Klatsch der deutschen Frauen auf Snæfellsnes zu gehen, aber der Tag wird kommen, ich verlasse mich darauf.
Also habe ich mir stattdessen mit Sóley eine gemütliche und manchmal auch langweilige Zeit gemacht. Mit Rausgehen war nicht viel, Rollstuhl und Schnee ist keine gute Kombination. Aber gestern hat mir Eysteinn dann einen Schlitten gezeigt, mit dem auch Sóley rodeln gehen kann. Ein absolutes Wahnsinns-Luxus-Teil, auf dem sie bequem sitzen kann ohne herunter zu fallen. Hier ein Bild:
Wie gesagt, Sóley saß bequem und hatte einen Riesenspaß während ich sie wahlweise gezogen habe oder mich hinten drauf gestellt habe, wenn es dann mal bergab ging. Ich habe mehrere Runden mit ihr durch die nächsten Straßen gedreht. Ein Vorteil hat es, wenn es kein Salz auf den Straßen gestreut wird – man kann prima auf der Straße Schlittenfahren. Danach war ich nassgeschwitzt, aber Hauptsache, es hat Spaß gemacht.
Seit gestern steht hier außerdem der künstliche Weihnachtsbaum im Wohnzimmer. Foto folgt, aber natürlich kein Vergleich zu dem, was ich in Sachen kreativer Baumschmuck von zu Hause gewohnt bin.
Am Samstagabend gab es sozusagen ein Weihnachtsprobe-Essen. Nicht exakt das gleiche Essen, was es Heiligabend geben wird, aber annähernd. Es gab Lammfleisch, eine köstliche braune Soße, Pommes und Salat. Heiligabend wird es wohl statt Pommes Süßkartoffeln und Gemüse geben. Schade eigentlich. Nicht zu vergessen: Jólaöl – Weihnachtsbier. Ein Mixgetränk aus Malzbier und Limonade, die Kinder sind ganz verrückt danach, aber ich habe festgestellt, dass ich nicht mehr so auf Malzbier stehe wie früher mal.
Wie ihr euch denken könnt, ging es bei dem Essen ziemlich chaotisch zu, weshalb Rakel den Gedanken aufbrachte, dass die Planung an Heiligabend so aussehen könnte: Die Kinder essen zuerst und gehen dann runter, um zu spielen oder nen Film zu schauen, während dann wir drei Erwachsene in Ruhe essen können. Na ja, ich schätze mal, der Plan wird ohnehin noch mehrmals geändert. Vielleicht gibt es letztendlich dann gar kein Essen an Weihnachten, wer weiß.
Gestern Abend hat Íris mit dem Chor im Gottesdienst in Hellissandur gesungen und ich bin mitgefahren. Dort hat sich gezeigt, dass viele isländische Eltern Probleme damit haben, ihre Kinder in den Griff zu bekommen. Während der Kinderchor singt, lauschen alle aufmerksam, aber sobald die Pastorin anfängt zu reden, tuscheln die Kinder, pfeifen, singen, essen oder spielen während die Eltern ihnen mehr laut als leise zu zischen, sie sollen das alles möglichst leise machen.
Schlussendlich hat niemand mehr zugehört, außer mir natürlich, aber da ich nichts verstehe, erwische ich mich selbst dabei, wie mir immer mal wieder die Augen zufallen.
So, liebe Leute. Gestern Abend gab es Nudeln und davon sind noch Reste da. Nix wie hin.