Dienstag, 25.10.2011
Also hier der Nachtrag zum Wochenende. Am Samstag habe ich einen Spaziergang hier von Ólafsvík aus gestartet, der sich dann letztendlich doch als Wanderung herausstellte. Das Wetter war grau und manchmal auch nieselig, aber wieder einmal hat mir meine Regenhose gute Dienste geleistet. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an mein Bruderherz, ohne den ich niemals auf die Idee gekommen wäre, eine Regenhose mit nach Island zu nehmen. Kurz nachdem der Spaziergang angefangen hat wird er auch schon für eine lange Pause an meinem Lieblingsplatz unterbrochen - "Ich leg mich in ne Wiese, verschieb den Tag auf später." Ein vorbeikommender Jogger reißt mich brutal aus meinen Tagträumereien, er will wissen, ob mit mir alles in Ordnung ist. Vermutlich dachte er, ich sei ohnmächtig oder so. Er fragt sich wohl, warum diese Person einfach so daliegt, eine Kameratasche umklammert und sonst nichst tut. Ich wiederum frage mich, wie man auf die Idee kommen kann, an meinem Lieblingsplatz vorbeizujoggen. Wenn das noch öfter vorkommt, ist es nicht mehr mein Lieblingsplatz, so einfach ist das.
Ich geh weiter, in der Hoffnung, irgendwo einen Aufstieg auf den Berg zu finden, in dessen Schatten Ólafsvík liegt. Ich finde keinen, also muss ich ein ganzes Stück des Weges wieder zurückgehen, obwohl sich alles in mir sträubt, zweimal denselben Weg zurückzulegen. Ich gehe weiter über die Hochebene, kann man das so nennen? Ich nenne es einfach mal so und quasi einmal hinter seinem Rücken um Ólafsvík rum. Als es mir zu kalt wird, suche ich den Abstieg - die offiziellen Wege sind hier mit kleinen Holzpfosten gekennzeichnet, die sich aber farblich so an die Natur anpassen, dass eine Wanderung öfters eher einer Schatzsuche gleicht - und kehre zurück ins Warme.

Sonntagmorgen waren wir alle zusammen in der Kirche hier im Ort. Habe die Kirche zum ersten Mal von innen gesehen und sie gefällt mir sehr gut. Hohe Decke, bunte Fenster, sehr hell. Die ersten zwanzig Minuten des Gottesdienst sind kinderorientiert und bestehen aus Geschichten, bunten Bildern, Gesang und Handpuppen. Danach kommt ein fröhlicher Clown nach vorne gehüpft und nimmt die Kinder mit nach unten in den Gemeinderaum zum Spielen. Dann nochmal ein paar Minuten für die Erwachsenen, aber auch die vergehen nicht ohne Mitmachtanz, bei dem auch wirklich alle mitmachen müssen, nachdem der Kinderchor es einmal vorgemacht hat. Anschließend gibt es noch ein gemeinsames Kaffeetrinken und Kuchenessen im Gemeinderaum, das Rakel und Eysteinn organisiert haben, weiß auch nicht, wann und wie sie das gemacht haben. Obwohl Eysteinn der Überzeugung war, dass es unmöglich sei, Sóley inklusive Rollstuhl nach unten zu bekommen, hat es dann doch ganz gut geklappt, sodass er jetzt eigentlich keinen Grund mehr hat, gegen die Pastorin zu wettern, die sie anscheinend um das Organisieren des Kaffees gebeten hatte, ohne dabei Sóley zu berücksichtigen, die ja immerhin nächstes Frühjahr konfirmiert wird.
Den restlichen Sonntag habe ich nicht mehr viel gemacht, außer mich gemütlich in meinem Zimmer aufzuhalten und diverse wichtige Kontakte zu pflegen.

Morgen fahren wir nach Keflavík, denn hier steht ein langes Wochenende an, wirkliche Herbstferien gibt es hier nicht, und es trifft sich, dass Eysteinns Eltern in dieser Zeit in Washington sind und wir so lange ihr Haus okkupieren können für einen kleinen Kurzurlaub. Rakel und Íris kommen am Donnerstag nach, da für sie ja noch Schule ist. Was bedeutet das für uns? Genau, laute und anstrengende Autofahrt, aber das bin ich ja mittlerweile schon gewohnt.
Ich freue mich jedenfalls schon auf ein paar Gelegenheiten, um Geld auszugeben für schöne Dinge. Vielleicht fürs Kino, fürs Schwimmbad sowieso und noch viel mehr. Am Samstag feiern wir außerdem den Geburtstag der Zwillinge obwohl sie erst am 2. November zwei werden. Versteh einer die Isländer.
Am Dienstag kommen wir wieder, bis dahin hört ihr also nicht viel von mir. Fotos folgen natürlich und zum Schluss gibt's noch einen Songtipp: Diesmal "Truth Jump Fall" von Toby Goodshank - läuft bei mir in Dauerschleife, weils ein toller Song ist, aber auch, weil ich zu faul bin, mich für was anderes zu entscheiden. Bis dann.