Ein ereignisreiches Wochenende liegt hinter mir. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu erzählen. Gestern Vormittag - war das wirklich erst gestern? - sind wir alle zusammen nach Keflavík gefahren. Keflavík, Rakels und Eysteinns Heimatstadt in der Nähe von Reykjavík, wo ihre Eltern wohnen, wo sie bis vor 2 Jahren gewohnt haben, wo sie auch gerne wieder hinziehen würden. Der Anlass für unsere Fahrt war der Geburtstag des Sohns von Rakels Schwester und nicht, wie ich gedacht hatte, der Geburtstag von Rakels Schwester. Rakels Schwester - ich vergess leider immer ihren Namen, deshalb wird sie für mich wohl immer Rakels Schwester bleiben, ist mit einem waschechten Amerikaner verheiratet und ihr Sohn ist zweisprachig aufgewachsen und gestern habe ich wieder einmal festgestellt, wie faszinierend ich das finde, wenn Kinder problemlos zwischen zwei Sprachen hin und her wechseln können. Die Feier war in dem Haus von Rakels Eltern, das Wetter war traumhaft und so konnten wir auch auf der Terasse sitzen, die vorzügliche Suppe, die vorzüglichen Dips und den vorzüglichen Kuchen verspeisen. Außerdem waren noch die Eltern von Rakels Ehemann da, ebenfalls waschechte Amerikaner, die total cool drauf sind, man kann es nicht anders sagen. Sie waren vor ca. 20 Jahren auf dem Oktoberfest und schwärmen jetzt immer noch davon. Jedenfalls war es eine Erleichterung für mich, dass nicht nur Isländer da waren, denn so wurde auch viel Englisch gesprochen, das wie Musik in meinen Ohren klang, einfach deshalb, weil ich jedes Wort verstehen konnte.
Aber wir waren ja nicht nur wegen der Geburtstagsfeier da. Nein, in Keflavík war dieses Wochenende auch die sogenannte Ljósanótt - Lichternacht. So was habe ich noch nie erlebt. Ich dachte, es wäre so ein ganz normales Lichterfest, das hauptsächlich abends stattfindet. Weit gefehlt - es ist ein riesengroßer Jubeltrubel, zu dem jährlich Leute aus dem ganzen Land anreisen. Eine Mischung aus Jahrmarkt, Kirmes, verkaufsoffenem Sonntag und Weltkindertag, so hab ich es jedenfalls empfunden. Auf der Haupteinkaufsstraße schoben sich die Leute nur so daher, die Geschäfte hatten bis in die Nacht auf, an jeder Ecke gab es Zuckerwatte, Popcorn, Luftballons und natürlich jede Menge Fahrgeschäfte, Mindestwartezeit eine Stunde. Ein weiterer Programmpunkt: die Auto- und Motorradparade, die ich nur am Rande mitgekommen habe. Aber die Oma aus Amerika hat mir versichert, dass mit Sicherheit jeder Oldtimer und jedes Motorrad aus ganz Island daran teilgenommen hätte. Für mich war diese ganze Angelegenheit etwas zu laut und zu bunt und es gab definitiv zu viele Eltern, die ihre Kinderwagen als Waffe eingesetzt haben.
Aber das eigentliche Highlight war das Feuerwerk um 22 Uhr. Vorher gehen alle elektrischen Lichter auf einen Schlag aus, sodass nur noch das ganze bunte Knicklichtblinkzeug zu sehen war. Dann ging das Feuerwerk los - und was für ein Feuerwerk! Vielleicht lag es an der Atmosphäre, vielleicht war es wirklich so, für mich war es auf jeden Fall das bisher schönste Feuerwerk. Als die Lichter ausgingen, strömten alle Leute auf die Wiese, um die beste Sicht zu haben und man spürte förmlich die Aufregung, egal, ob Kind oder Erwachsener. Dicht gedrängt schauten alle in den Himmel und nach jedem Knaller gab es ein großes AAAH und OOOH. Dann, als alle dachte, es wär schon vorbei, ging es nochmal von vorne los und endete in einem einmaligen Finale, das mit standing ovations belohnt wurde.

Heute auf dem Heimweg gab es einen Zwischenstopp in Reykjavík. Jón und Íris sind ins Kino gegangen, die Eltern mit den Zwilligen ins Einkaufszentrum und ich habe die Stadt auf eigene Faust erkundet und die Sonne genossen. Es war schön, mal alleine tun und lassen können, was man will. Ich war auf dem Turm der Hallgrímskirkja, bin die Einkaufsstraßen entlanggeschlendert und habe die besten isländischen Hot Dogs gegessen, für die die Leute Schlange stehen. Außerdem war ich auf dem Flohmarkt am Hafen. Dazu schreibt mein Reiseführer: "Auf dem Flohmarkt am Hafen finden Sie sicher das, was Sie noch nie wollten, aber jetzt kaufen." Passt genau, aber ich konnte mich zurückhalten und habe nur eine alte Postkarte an einem Stand von einem alten Mann gekauft, der Englisch mit mir geredet hat, obwohl ich noch kein Wort gesagt hatte. Anscheinend sehe ich einfach nicht sehr isländisch aus. Sollte ich froh darüber sein?
Eigentlich hatte ich vor, mir eine schöne warme Mütze zu kaufen, aber dazu war das Wetter viel zu schön. Vielleicht ja nächstes Wochenende, wenn wir wieder nach Reykjavík fahren.
So, das war mein Wochenende in groben Zügen. Manche Details, wie z.B. Kinderkotze auf meinen Schuhen, habe ich absichtlich weggelassen, um euch nicht die Lust am Lesen zu verderben. Ich jedenfalls habe das Wochenende sehr genossen und jetzt kann die neue Woche kommen.